▶ Ein unglücklicher Zusammenstoß vor vier Jahren hat nun ein teures Nachspiel
▶ Werdender Vater zu einer hohen Geldstrafe verurteilt
▶ „Ich kann diese Summe nicht aufbringen, brauche Hilfe!“
Eigentlich wäre Amir Abdel Hamid für Österreichs Fußball nicht wichtig. Eigentlich. Doch man sollte sich seinen Namen merken. Wie schon im Fall von Jean-Marc Bosman, der durch „sein“ Urteil 1995 für eine Revolution im europäischen Fußball gesorgt hatte. Damals entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Profi-Fußballer in der EU nach Ende ihres Vertrages ablösefrei zu einem anderen Klub wechseln dürfen. Im internationalen Fußball blieb in der Folge bis heute kein Stein auf dem anderen. Das Urteil hatte zudem weitreichende Bedeutung für die Rechtsordnung der EU.
Dies könnte nun auch dem Österreichischen Fußball-Bund und seinen Landesverbänden drohen. Auslöser kann ein Fall aus der Hobbyliga DSG sein, die im ÖFB als eigener Bewerb ausgetragen wird. Vor vier Jahren krachte der 32-jährige Amir Abdel Hamid folgenschwer mit dem gegnerischen Tormann zusammen. Der mittlerweile in Absdorf in Niederösterreich wohnhafte U10-Nachwuchstrainer ist nun wegen der damaligen Gesichtsverletzung des gegnerischen Keepers zivilgerichtlich zu einer Zahlung von 22.000 Euro verurteilt worden. Inklusive der Verfahrenskosten sind sogar 31.000 fällig!
„Kein rechtsfreier Raum“
„Im April erwarten meine Partnerin und ich unser erstes Kind. Es sollte eine Zeit der Vorfreude sein, doch leider stehe ich vor einer schwierigen finanziellen Situation und bitte um Hilfe“, setzt Hamid via „Krone“ einen Hilferuf ab. „Es war ein unglücklicher Zusammenstoß mit dem Torwart, der dabei verletzt wurde. Aber es war ein Unfall, und der Schiedsrichter sprach auch keine Verwarnung aus. Wir haben uns nachträglich entschuldigt und dachten, die Sache sei erledigt.“
Weit gefehlt! „Monate später erhielt ich überraschend eine Anzeige, es folgte ein langer Prozess. Nach mehreren Freisprüchen entschied das Landesgericht St. Pölten, dass ich schuldig bin. Obwohl viele Zeugenaussagen zu meinen Gunsten waren, wurde die Aussage der Schiedsrichter-Assistentin als ausschlaggebend gewertet. Nun muss ich 22.000 Euro Schadensersatz zahlen – eine Summe, die für mich als baldiger Vater kaum aufzubringen ist.“
Was sagt der ÖFB?
Generalsekretär Thomas Hollerer: „Der Fußballplatz ist kein rechtsfreier Raum.“ In diesem Fall haben neutrale Personen (meist das Schiedsrichter-Team und ein Gutachter) festgestellt, dass es sich um eine Verletzung handelt, die kein normaler Zweikampf oder ein sporttypisches Risiko einer Kontaktsportart wie Fußball war.
In Deutschland ist es übrigens bereits seit Jahren klar: Wer andere beim Sport verletzt, der kann zivilrechtlich für die Folgen haftbar gemacht werden und sich unter Umständen sogar strafbar machen. Spätestens dann, wenn es zu Dauerschäden kommt, ist es auch mit der Toleranz unter Sportlern meist vorbei. Ein Urteil zu diesem Thema fällte 2020 das Oberlandesgericht Celle in Niedersachsen.